DeepHouse. Filter. Funk-Lick. Vocal.
Und das Ganze dann gedehnt auf 8 Minuten und n büschen, wie mensch
in Hamburg zu sagen pflegt. Schön. Auch, weil in der Form und
Konsequenz lange nicht gehört. Wäre bei mir vor 10 Jahren
wahrscheinlich gnadenlos durchgefallen aus den anfangs genannten
Gründen, kassiert jetzt aber wegen einsetzender Altersmilde und
einer immer stärker werdenden Sehnsucht nach kleinen, intimen,
rotplüschigen Clubs mit eigenständigem Booking, eingespielten
Residents und ohne Fremdveranstalter im Boot zusätzliche
Sympathiepunkte. Ausserdem stehen auf Grund meines recht
angeschlagenen Seelenzustandes traurig-verhallte Moll-Pianos –
Atavism-Remix! – hoch im Kurs, ebenso wie sehnsuchtsvoller
EmoHouse. Mag ich.
9/10 Points
Gastreview für Fazemag, Ausgabe 04/2012
Mittwoch, 25. November 2020
Mittwoch, 18. November 2020
Sean Roman - The Moan EP [Fest Records 001]
Erst die Parties, dann das Label.
Interessantes Konzept, das die übliche Reihenfolge gnadenlos umdreht
und jetzt mit Sean Roman's „Moan EP“ die erste Katalognummer auf
die Welt loslässt. Dahingestellt sei jetzt einmal, ob die Welt
jetzt wirklich noch eine Platte mit harmlos-melodischem, aber
durchaus solide vor sich hin groovendem TechHouse braucht,
zweifelsohne erfüllen aber sowohl „Moan“ als auch „Bocuse“
die Mindestansprüche für ebensolchen und halten die Meute auf der
Tanzfläche – sowohl im Club als auch auf diversen sommerlichen
OpenAirs in Mecklenburg-Vorpommern oder wo auch immer. Gleiches gilt
auch für die Remixes von M A N I K – wer denkt sich eigentlich in
Zeiten von Google freiwillig so eine Schreibweise aus, ausser
heroinabhängigen WitchHouse- und ChillWave-Projekten? – und
Waifs & Stray, denen zwar die Funktionalität gut zu Gesicht
steht, aber von Rezensentenseite doch die Forderung nach „Mehr
Mut!“ auslösen. Gute Ausführung, aber eben auch nicht zwingend
mehr.
6/10 Points
Gastreview für Fazemag, Ausgabe 04/2012
6/10 Points
Gastreview für Fazemag, Ausgabe 04/2012
Mittwoch, 11. November 2020
Reptile Youth - Speeddance [HFN Music 013]
Wenn eine Band ohne eine einzige
Veröffentlichung im Gepäck Europa und Asien betourt, Clubs in
chaotisch-energiegeladene Moshpits verwandelt und dabei Fans
einsammelt wie ein für den Winterschlaf hamsterndes Eichhörnchen
gibt es im Regelfall nur zwei konträre Erklärungen – total
überbewerteter Hype oder aber echtes Potential. Im Falle der Reptile
Youth trifft glücklicherweise letzteres zu und deshalb ist
„Speeddance“ mit seiner Fuck-Noise-Disco-Attitude,
dreckig-verschwitztem Basslauf und den „wir können gar nicht
anders als mitbrüllen“ Vocals der heisseste Anwärter für die
IndieElectroGrunge-Hymne des kommenden Sommers, wenn nicht des ganzen
noch recht jungen Jahres. Von IndieKid bis zum RavePunk kann sich
jeder auf „Speeddance“ einigen, ohne dass die verrückt gewordenen
Dänen auch nur den Hauch eines Kompromisses eingehen müssen.
Stattdessen wird mit dicken Eiern und grossem Selbstbewusstsein auf
der B-Seite der 7“ noch eine Coverversion von Deathcrush
nachgeliefert, die sich zwischen Homerecording-Ästhetik, Genialen
Dilletanten, einer aus dem Ruder gelaufenen Faust-Session, eimerweise
Noise und Oval’schem CD-Skippen bewegt. Die spinnen doch alle.
10/10 Points
Gastreview für Fazemag, Ausgabe 04/2012
10/10 Points
Gastreview für Fazemag, Ausgabe 04/2012
Sonntag, 1. November 2020
THERE'S MORE TO LIFE THAN...
...Weihnachten. Während der
Normalbürger sich zwischen Konsumrausch und Strassenkrieg zum
Jahresende den kleinen und grossen Dramen im Kreise der Familie und /
oder der Lieben widmet und der halbwegs musikinteressierte Mensch
sich wieder – und zu Recht – über die Ergebnisse ungezählter
Jahrespolls echauffiert, nutzt der Schreiber dieser Zeilen die
angeblich besinnliche Zeit, um noch einmal ein paar zu Unrecht
unterbewertete oder einfach übersehene Scheiben des letzten Jahres
Revue passieren zu lassen. Es folgt: kein Jahresrückblick.
Beginnen wir mit der schon im Juli auf
dem inselbritischen Label Peng Sound erschienenen „Gorgon Sound
E.P.“ des gleichnamigen Projektes, die dank kompliziert
verschachtelter Importumwege über Frankreich erst jüngst den Weg in
hiesige Plattenläden fand. In schwerem Karton-Gatefoldcover auf 180
Gramm-Vinyl bedient diese E.P. die Freunde des haptischen
Musikerlebnisses schon im Vorfeld des ersten Tons und entpuppt sich
mit ihren vier Tracks als wahres Brett in Sachen klassischer Dub /
DubHouse-Kultur. Mächtige, raumgreifende Analogbässe bilden das
Gerüst für fordernde 4/4 Beats sowie Dub-typische Offbeat-Chords
und Rimshots, zu denen auf zwei Tunes Junior Dread und Guy Calhoun
verhallende Vocals beisteuern. Ansonsten regiert die Tiefe des
Hallraums über die Reduktion auf absolut essentielle Elemente und
genau darin besteht die grosse Kunst der originären Dubkultur, was
diese 2x12“ zur absolut unausweichlichen Anschaffung macht.
Weiter geht es mit „Y“, dem zweiten
und wieder in kompletter Eigenregie veröffentlichten Doppelalbum des
deutschen Duos [aniYo kore], welches auch mit seinem neuen Werk der
Errettung und Wiederbelebung des vocallastigen TripHop /
Downtempo-Genres einen weiteren, riesigen Schritt näher kommt.
Musikalisch der dunklen, gern auch am Schmerz des Lebens tief
leidenden Moll-Tonlage auf skelettiertem Beatgerüst zugetan, öffnet
sich das Soundspektrum der Band auf diesem Album weg vom
Illbient-Ansatz hin zum, teils intim folkigen, Gitarren- und
Basseinsatz und inkludiert partiell sogar Raps, ohne sich jedoch weit
vom bekannten Grundton des charakteristischen [aniYo kore]-Sound zu
entfernen. Nicht ausschliesslich, aber auch, empfohlen für Freunde
von Portishead, Nicolette & Co. und in einer Auflage von 300
Exemplaren nur direkt über die Band zu beziehen.
Doch auch in puncto
Wiederveröffentlichungen und Neuauflagen hielt das vergangene Jahr
mehr qualitativ hochwertige Tonträger bereit als schriftlich in der
ihnen gebührenden Länge diskutiert werden konnten. Beispielhaft für
diesen durchaus begrüssenswerten Trend sei an dieser Stelle das via
Mute / The Grey Area im November wieder zugänglich gemachte Cabaret
Voltaire-Album „Micro-Phonies“ genannt, welches – noch einmal
neu gemastert – nicht nur die nach wie vor zwingende Aktualität
der bereits in 1984 veröffentlichten LP auf der Schnittstelle
zwischen PostPunk-Elementen, Industrial-Resten, NuBeat und modernem
Electro / ProtoTechno noch einmal neu vor die Augen einer damals noch
ungeborenen Generation führt, sondern auch aus dem Fokus geratene
Underground-Hits wie „Digital Rasta“, „Blue Heat“, „Spies
In The Wires“ und das zu jener Zeit sogar gechartete „Sensoria“
hoffentlich wieder zurück auf die Tanzflächen der Welt bringt. Must
have, weil geschichtsträchtig.
Gastkolumne für Fazemag, Ausgabe 02/2014
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