…“Exai“. Denn während die halbe
Electronicawelt das neue Album der unter dem Namen Autechre
firmierenden Glitch- und Abstraktionsfrickler Rob Brown und Sean
Booth heiß diskutiert, schickt sich der in Bukarest beheimatete
Produzent Octavian Justinian Uta a.k.a. Yvat an, den beiden
britischen Herren mit seiner neuen Veröffentlichung auf Minor Label
klammheimlich den Rang als Electronica-König abzulaufen. War sein
letztes Release „Collider“ noch geprägt von industrieller Härte
geht es auf der auf 200 Exemplare limitierten „Feldspar EP“ in
vier Variationen um die Verknüpfung abstrakter, teils verfrickelter
Beats mit warmen Bassläufen und zarten, träumerischen Melodien
sowie – siehe auch „Feldspar 1.2“ - einer weltraumkalten sci-fi
Attitüde, die auch den Autechre-Releases der mittneunziger Jahre
innewohnte. Es ist doch immer wieder erstaunlich wieviel verborgenes
Talent sich noch in den Staaten des ehemaligen Ostblocks weitgehend
unter dem Radar der westlichen Wahrnehmung bewegt und dann von
entdeckungsfreudigen Klein- und Kleinstlabels an die Oberfläche
gefördert werden – watch out for Yvat, ich prophezeihe dem Mann
noch Großes.
Groß im Sinne von episch über zwei
CDs verteilt ist auch das „Live / Remix“-Album des Londoner
Portico Quartet auf Real World Records, das mit seiner Musik zwischen
Ambient, Electroakustik, TripHop / Downbeat sowie immer wieder auch
frei fliessenden Jazz-Elementen und ein wenig cineastischem Kitsch
pendelt. Während sich die „Live“-CD aus Tourmitschnitten des
Jahres 2012 zusammensetzt und so die Arbeit der Musiker auf der Bühne
im Zusammenspiel mit dem Publikum perfekt einfängt, treffen sich im
„Remix-Teil unter anderem so illustre Namen wie SBTRKT, Luke
Abbott, DVA und Konx Om Pax, verleihen dem Portica Quartet einen
neuen Anstrich und transferieren die Tiefe der Originale in Richtung
Future Garage, lange verschollenen geglaubte Sublow-Areale – DVA!
-, Dillon'esque unschuldigen Experimentalpop, bassgetriebene
TechGarage-Hybriden oder liebliche Ambientsphären zu einem rundum
gelungenen Gesamtpaket, das jede CD-Sammlung bereichert. Gut.
Im Gegensatz zu vorgenannter, doch
recht dezent daherkommender Veröffentlichung präsentiert sich das
dieser Tage schwer gehypte Imprint Long Island Electrical Systems,
kurz: L.I.E.S., mit seiner aktuellen Veröffentlichung nahezu
unversöhnlich brachial, geht es bei den drei auf Verekers „Rosite
EP“ enthaltenen Tracks doch um Musik für fortgeschrittene
Bunkerbeschallung. Dumpfer, roher und brutalstmöglich analoger Acid
und Techno, der sich mit seiner Live-Anmutung und vermittels langer
Tracklaufzeiten wunderbar durch die äußersten Schalen des
zerfeierten Raverhirns frisst und dort bösartig blubbernde
Säurespuren hinterlässt, auch wenn die 303 nur auf dem
titelstiftenden A-Seiten-Tune offensiv zwirbelt. Musik für das Leben
im Untergrund.
Gastkolumne für Fazemag, Ausgabe 05/2013
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