…being short of time. Denn für
manche Veröffentlichungen braucht es Ruhe und Zeit, sie müssen
reifen wie ein guter Whisky und vor allem auch wie dieser möglichst
in einem Moment ungetrübter Aufmerksamkeit konsumiert werden.
Jene Aufmerksamkeit verlangt zum
Beispiel das aktuelle und vor allem auf nur 25 mittlerweile
wahrscheinlich vergriffene Exemplare limitierte Opus Magnum des
nimmermüden Sascha Müller unter dem Titel „Sun Moon Stars“.
Erschienen schon am 21.12.2012 – in Zeiten der kurzen
Aufmerksamkeitsspannen rekapitulieren wir: Weltuntergang... nee, doch
nicht. - geriet dieses schon auf Grund seiner blossen Gesamtlänge
von 180 Minuten verteilt auf 3CDrs mit jeweils einem einzigen
einstündigen Track ein wenig in Rezensionsverzug. Doch die
Rückstellung hat sich gelohnt, finden sich hier doch spannende
Variationen in LoopAmbient – zum einen hypnotisch pulsierend wie in
„Sun“, unangenehm, strahlenkalt und mit psychoakustischen
Effekten spielend (“Moon“) oder schlussendlich urtümlich rituell
und getragen von den eindringlichen Didgeridoo-Schleifen der „Stars“.
Wo nimmt der Mann nur die Vielzahl der Ideen und vor allem die Zeit
für ihre Umsetzung her? Ohne direkte Vergleiche ziehen zu wollen
nimmt diese Umtriebigkeit und Konzeptbezogenheit schon fast
Namlook'sche Züge an.
Ebenfalls konzeptionell, wenn gleich
auch musikalisch vollends anders orientiert ist das Album „Maskenball
der Nackten“, das der ehemalige Goethes Erben-Frontmann Oswald
Henke mit seiner kurz HENKE betitelten Band im März auf dem neuen
Label Dryland Records veröffentlichte. Natürlich immer noch für
alle Fans der schwarzen Szene unverkennbar er selbst - vor allem dank
seines zuweilen sperrigen, immer jedoch leidenden Sprechgesangs -
präsentiert sich das neue Projekt zwischen epischer, fast
überladener Romantik („Grauer Strand“), abstrakter
Nachdenklichkeit („Zeitmemory“) oder mal mehr, mal weniger
offensichtlicher Ausrichtung auf die
Zwei-Schritt-Vor-Und-Zwei-Zurück-Tanzfläche („Vergessen“ /
„Epilog“). So verortet erschließt sich „Maskenball Der
Nackten“ gerade dem Nichtvertrauten nicht zwingend beim ersten
Durchlauf, fügen sich die Songs erst mit der Zeit zu einem düster
nagenden Gesamtbild, auch wenn das treibende „Fernweh Ist“
szeneintern schnell zum Hit mutieren dürfte.
Im direkten Vergleich dazu
veröffentlicht der Hamburger Künstler Incite Hu mit seiner kürzlich
auf Hafenschlamm Records erschienen „Gift EP“ das Blueprint für
verstörende Unmusik im Sinne der sogenannten Genialen Dilletanten
und liefert mit den beiliegenden Digitalis-Samen zusätzlich echtes
und nicht nur akustisches Gift für die geschundenen Seelen dieser
Welt: verrauscht industrielles LoFi-Knorkeln trifft hallende
Tapeschleifen mit verfremdeten Stimmfetzen, scheinbar gegenläufige
Strukuturen und beklemmend paranoide Sounds. Während die A-Seite
ohne Unterbrechung eine Liveperformance des Projektes im Golden Pudel
Club dokumentiert liefert die Flipside der auf 147 Exemplare
limitierten 12“ zwei Variationen des RhythmIndustrial AntiHits
„Arsch Brennt“ und damit den idealen Soundtrack für den nächsten
Spank-Exzess der Wahl.
Tl;dr: Unit Moebius trifft auf Vatican
Shadow zur gemeinsam überdosierten Opium-/Crack-Party. Krank.
Gastkolumne für Fazemag, Ausgabe 04/2013
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