...künstliche Verknappung. So dachte
sich zumindest das Management des Trance-Labels Tetsuo und
veröffentlichte dieser Tage mit „World Class Trance“ und
„Addicted To Trance“ auf digitalem Wege in vierzehntägigem
Abstand gleich zwei Compilations mit jeweils 30 Tracks. Der Haken?
Nicht nur laut Waschzettel stimmen die Tracklists zu mehr als 50%
überein und übertreffen damit sogar die geschickte
Mehrfachverwertungsstrategie früherer Good Looking-/Looking
Good-Sampler um ein Vielfaches. File under: schlechter Marketingmove,
denn diese Art der Geldschneiderei dürfte selbst dem
eingefleischtesten Addict zu viel des Guten sein. Mit mehr
Understatement geht da das in Mettmann – nicht: Miami, auch wenn
das Label es auf seiner Website so behauptet – beheimatete Label
Shhhh Records zu Werke, presst Auflagen um die 200 Stück und
vertreibt diese vorwiegend über die eigene Website und über einen
einzigen Plattenladen in Deutschland, für den es zuweilen sogar noch
vor dem offiziellen VÖ-Datum 10er Editionen mit handgefertigtem
Artwork gibt. Katalognummer 005 erscheint im März –
„Sommernachtsträume“ von Sascha Müller, der hier
ketaminschwangeren Zigeunertechno und verträumten Electro im
eigentlichen Sinne zusammenbringt. Auf schneeweissem Vinyl! Und
überhaupt Sascha Müller: der Mann hat einen unglaublichem Output
auf seinen digitalen Labels und gehört doch zu den most underrated
Producern der Republik, was vielleicht auch an seiner Vorliebe für
Hyperlimitierung und krude physische Formate liegen mag. Relativ
aktuell sind noch sein auf 15 (!!!) Kopien limitiertes Split-C60-Tape
mit eVADE mit dem Titel „Recycled Tapes Volume 1“ und die auf 20
Stück limitierte 8“-Lathe-Cut-Single „Pounder“ im
rezyklierten, gestencilten Volksmusikcover. Natürlich prall gefüllt
mit astrein produzierter elektronischer Tanzmusik, die eigentlich für
ein grösseres Publikum gedacht sein sollte. Ausserdem heiss und
limitiert – Ostgut Ton 050. 500 7“ Singles gibt es davon und
Popeye, äh, Rummelsnuff macht den EBM-Tanz unter dem Motto „Ich
der Jäger, du der Bär“ während die von Steffi’s „Sadness“
inspirierten Shambhu And The Love Hearts alles zwischen Shoegazer,
Indie-Kid und Johnny Cash-Fan zum Träumen bringen. Ebenfalls Band
und sehr zu beachten sind die von Trentemøller produzierten Darkness
Falls mit ihrer neuen Single „Timeline“ auf HFN Music, vor allem
der kongeniale Com Truise Remix erschliesst den Kopenhagener Mädels
trotz Vocaleinsatz sicherlich noch einmal eine neue Fangemeinde.
Ähnliches gilt übrigens auch für das Hamburger
Electro-/RavePunk-Label Audiolith, das – während das kommende
Frittenbude-Album schon seine Schatten vorauswirft und für
ausverkaufte Konzerte mit Zusatzterminen in Hamburg, München und
sonstwo sorgt – vorher noch schnell mit Veröffentlichungen von
Johnny Mauser und Brazed in artfremden Gefilden wie DeutschHipHop und
Stadium Drum’n’Bass wildert. Diversifizierung über alles, oder
wie ist der Plan jetzt?
Gastkolumne für Fazemag, Ausgabe 03/2012
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