…Monochromatismus. Wer den Verfasser
dieser Kolumne kennt, wird ihn aufgrund seiner selten gebrochenen
Vorliebe für vorwiegend schwarze bis maximal dunkelgraue Kleidung
umgehend Lügen strafen. Doch weil dieser Tage ein Herbst Einzug hält
in die Strassen dieses Landes und den Blätterwald der Alleen in ein
Potpourri der Farben verwandelt geht es auch in dieser Kolumne
zumindest stilistisch ein wenig bunter zu.
Angefangen mit der jüngst auf Poker
Flat Recordings erschienenen „Lectures E.P.“ des jungen
Niederländers Wouter De Moor, dem es nicht nur gelingt das erste
Interview-Acapella überhaupt auf einer 12“ des Labels
unterzubringen, sondern der auch die Worte des interviewten Theo
Parrish in nahezu perfekter Wildpitch-Emulation im titelgebenden
Track umsetzt. Geremixt wird dieser auf der Flipside von Kirk
Degiorgio während Wouter De Moor auf A2 mit seinem ebenfalls
grossartigen Oldskool-Cut „8 Voices“ noch einmal ein fettes
Original mit rohen Claps und scharfen Hi-Hats nachlegt. So geht
House.
Komplett gitarrenlastig geht es weiter
mit der achten Veröffentlichung der Major Label-Schwester
SuperKamiokandeDetektor, auf der mit „Jetzt Ist Es Kaputt“ eine
überaus bezaubernde EP der Formation Goldner Anker erscheint. Wie
gewohnt verortet zwischen unpoppigem Melodiengebrauch, rauher
IndiePunk-Credibility und fragil rauchiger Frauenstimme liefern
Goldner Anker hier drei kleine, aber feine Hits im Original – allen
voran das antikonsumistische „Ticket“ - und lassen darüber
hinaus den auf ihrem 2012 Debutalbum erschienen Song „Only You“
von Jkube durch den PostJungle vs. Dubstep-affinen Remixwolf drehen
ohne das dabei das Original der vollkommenen Fragmentierung
anheimfällt. Mission erfüllt.
Anderweitig organisch präsentiert sich
die vierköpfige Dark resp. Future Jazz-Formation Falling, die mit
dem aufwendig gestalteten „Original Motion Picture Soundtrack“
dieser Tage ihr auf 100 Exemplare limitiertes Debutalbum auf dem in
Mettmann beheimateten Label Shhhh Records vorlegt. Im weitesten Sinne
verortet zwischen Bugge Wesseltoft's New Conceptions Of Jazz-Ästhetik
und den Future Jazz-Variationen des klassischen, ehemals in Wien
beheimateten Showroom Recordings-Projektes emulieren Turgut Kocer,
Helge Neuhaus, Gabriel Masterson und Frederik Groborsch hier einen
waschechten Improv-Ansatz, ohne sich je zusammen in dieser
Konstellation an einem realen Ort befunden zu haben. Die Welt des
schnellen Datenverkehrs macht es möglich und schenkt uns mit
„Original Motion Picture Soundtrack“ einen entschleunigten Score
für vernebelte Herbstabende mit ernsthaften Drinks. Im Falle des
Verfasser dürfte die Wahl des letztgenannten hier zweifelsohne auf
einen Maple Old Fashioned fallen.
Zurück auf dem Dancefloor befinden wir
uns final mit der „Guy Martin EP“ des Max.Ernst-Gründers und
Studio-Veteranen Thomas Brinkmann a.k.a. Brinkmann in allerbester
Gesellschaft. Verortet zwischen tiefenhypnotischem ClubTechno mit
spannungsgeladener Crimescene-Atmosphäre und jazzigen Ambitionen,
Metal'esquen Schrammelbässen auf Viererfußbasis und an FutureJazz
orientierten Downtempo-Exkursionen liefert das Third Ear-Label mit
dieser 12“ nicht nur drei qualitativ hochwertige Tracks sondern
denkt mit dieser Zusammenstellung auch über gewohnte Genre- und
Schubladengrenzen hinaus und macht damit deutlich, daß es
letztendlich doch nur um eines geht: die Musik.
Gastkolumne für Fazemag, Ausgabe 11/2013
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